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1. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 496

1859 - Lübeck : Rohden
496 Xxiii. §. 6. Nlederbeucning und Wiederaufrichtung der Papstmacht. reits erfüllen zu sollen, wonach „die große Stadt, die das Reich hat über die Könige auf Erden, von eben diesen Königen bloß und wüste gemacht und mit Feuer verbrannt werden wird." Aber solche Zeit steht noch bevor. Viel zu sehr hatte der katholische Kaiser den Papst nöthig, als daß er ihn gänzlich hätte verderben sollen. Wir sehen ihn bald wieder Unterhandlungen mit seinem Gefangenen an- knüpfen, ihn freigeben, sich mit ihm verbünden. Mit heimlichem Widerwillen, aber durch die Umstände gezwungen, tritt der Papst wieder auf die Seite des Kaisers. Er muß den übermächtigen Nach- bar in Italien dulden, muß sich bereit erklären, seine politischen Ent- würfe zu unterstützen — aber Eins bedingt er sich dafür aus, Eins gewährt ihm der Kaiser zur erwünschten Entschädigung: seinen kräf- tigen Arm zur Ausrottung der lutherischen Ketzerei. Im Jahr 1529 kommt Kaiser Karl selber aus Spanien nach Italien. In Bologna trifft er mit dem Papst zusammen. Er ist auf dem Wege nach Deutsch- land. Da werden die schärfsten Maßregeln gegen die hartnäckigen Ketzer in Deutschland verabredet. Und bemerken wir es wohl. Der Kaiser war jetzt ein Anderer, als vor neun Jahren, er war jetzt in die Jahre der Reife und der Selbständigkeit eingetreten. Von jetzt an sehen wir ihn im Rache wie im Felde überall selbst an der Spitze, bei ihm steht immer die letzte Entscheidung, überall sieht er selbst, urthellt er selbst, handelt er selbst. Unermüdlich ist er in den Staats- geschäften, unüberwindlich im Felde. Und alle dieft so lange gesparte Kraft, alle den frischen Eifer einer langsam bedachten, aber nun ent- schieden ergriffenen Politik ist der Kaiser entschlossen zur neuen Kräftigung des Papstthums in Deutschland gegen die Protestanten zu kehren. Schon länger waren die ersten vorläufigen Wirkungen der neuge- kräftigten Papstmacht und des entschieden kaiserlichen Katholicismus in Deutschland wahrgenommen. Die katholisch gesinnten Fürsten und Städte, insonderheit die geistlichen Fürsten, deren Eristenz bedroht war, deren Besitzungen hier und da bereits eingezogen wurden, erhüben wieder ihr Haupt, traten aus einer abwehrenden wieder in eine angrei- fende Haltung. Da wurden die Lutherischen verfolgt, da wurde das erste Märtyrerblut der evangelischen Kirche vergossen. Die Herzoge von Bayern und die kleineren mit dem päpstlichen Legaten verbundenen Für- sten und Bischöfe hatten gleich nach ihrer Absonderung von der großen Gesammtaufgabe des deutschen Volks angefangen, evangelisch gesinnte Priester zu entsetzen, in's Gefängniß zu werfen, adlige Besitzer aus ihren Gütern zu vertreiben, Beamte peinlich zu verhören, Bürger und Bauern hinzurichten. Besonders eifrige Prediger wurden mit der Zunge an den Pranger genagelt, andere mit dem Staupbesen gestrichen, Luther's

2. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 505

1859 - Lübeck : Rohden
Xxiii. tz. 9. Die Reformation in der französischen Schweiz und in England. 805 solche unerbittliche Zucht, solch' methodischen Zwang, rücksichtslose Festigkeit und enge unausweichliche Beschränkung des Lebens und der Sitte, wie Calvin sie in Gens einführte. Aber in Deutschland hat das Genfer Christenthum keinen Eingang finden können. Viel- mehr hat sich die deutsche von Luther abweichende und mehr der calvinischen Auffassung zugekehrte Form reformatorischen Glaubens und Lebens in dem ausgezeichneten, um seiner Anlage und um seines Inhalts willen hochgepriesenen Heidelberger Katechismus (1563) ein neues Symbol und Palladium geschaffen, welches die calvinischen Harten in glücklicher Weise vermeidet, ohne den Widerstreit gegen eine Anzahl lutherischer Lehren und Fassungen fallen zu lassen. Wir mö- gen diese im Heidelberger Katechismus vertretene Ausgestaltung refor- matorischen Lebens als eine wahlberechtigte Ergänzung des lutherischen Kirchenwesens anerkennen, mögen auch die Hoffnung nicht aufgeben, daß eine tiefere Forschung vielleicht noch eine künftige Einigung in der Lehre herbeiführen wird; aber unter allen Umständen bleibt doch unverkennbar eine nicht auszusüllende Kluft zwischen lutherischem und reformirtem Wesen, Bekenntniß, Gottesdienst, Anschauungen und Lebens- formen. Jede Berührung mit der reformirten Christenbeit des west- lichen Auslandes bringt und diese innerste (nationale) Verschieden- heit sofort wieder zum Bewußtsein. Schon gleich nachdem Luther den Kampf gegen das Papstthum be- gonnen, zeigten sich auch in Frankreich selbst unter den Geistlichen und in der Nähe des königlichen Hofes entschiedene Vorneigungen zur evangelischen Predigt, aber auch sofort mit dem Beisatz der Härte und Schroffheit, welche wir auch bei Calvin wahrnahmen. Die Predi- ger und Seelsorger für die kleinen evangelischen Gemeinden, welche sich unter dem Drucke blutiger Verfolgungen in Frankreich, unter offener Be- günstigung in Navarra, bildeten, empfingen fast alle ihre theologische Bildung auf der Hochschule Calvin's in Genf. Man sandte ihm das Holz und er schnitzte die Pfeile daraus. So wurde Calvin die höchste reformatorische Autorität Frankreichs. Nicht minder der Niederlande. Luther's Auftreten hatte auch dort sogleich die reli- giösen Bewegungen wach gerufen. Unter der strengen Ueberwachung Karl's V. aber und seiner Statthalter waren die Niederländer bald in dieselbe Lage gekommen wie die Evangelischen in Frankreich. Wie das gleiche Unglück sie beide verband, so brachte es auch in beiden Län- dern gleiche Wirkungen hervor. Durch die Verfolgungen wurde der Haß gegen das Papstthum bis zur äußersten Gluth angefacht und machte sich in schrecklichen Bilderstürmereien und in zwinglischer gänz- licher Verwerfung aller katholischen Kirchenformen Luft. Zwar die wilden Ausbrüche des Bildersturms und der Wiedertäuferei find schnell unterdrückt, aber die Vorneigung zur calvinischen Fassung der prole-

3. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 679

1859 - Lübeck : Rohden
Xxv. §. 15. Blick in die Zukunft. 679 vierte (römische) Weltreich sich in zehn Hörnern (zehn Königreichen) darstellen wird — was bereits vorhanden ist —, wird aufkommen ein anderer (Feind Christi, Antichrist), der drei Könige demüthigen, den Höchsten lästern, die Heiligen des Höchsten verstören und sich unter- stehen wird, Zeit und Gesetz zu ändern. Seine Herrschaft wird dauern 2>y/2 Zeiten. (Sieben Zeiten ist die Fülle oder ganze Zahl der Zeiten, hier haben wir die Hälfte von sieben.) Alsdann wird der Menschensohn vom Himmel erscheinen, der Antichrist wird getöd- tet, alle Gewalt und Macht wird dem Sohne gegeben, und die Hei- ligen werden sein Reich und seine Herrschaft mit ihm theilen. Dies alles liegt noch in der Zukunft. Zwar etwas Aehnliches wie das Emftorkommen eines gottfeindlichen dämonischen Herrschers ist schon öfter geschehen. Dan. 8 beschreibt die Herrschaft eines solchen Zerstörers und Lästerers (nämlich des Antiochus Epiphanes) schon in den Zeiten des dritten Weltreichs (der griechisch-macedonischen Monarchie). Auch in den Zeiten des vierten Weltreichs ist schon zweimal etwas Aehn- liches vorgekommen, in der Erscheinung des Mohamed und des Napoleon. Allein noch waren nicht alle Züge des schrecklichen Bildes an ihnen wahrzunehmen, die volle Erfüllung steht noch aus. Wir erwarten also in der Zukunft den Antichrist, der ein neues Weltreich gründet, und das Reich Gottes umzustürzen versucht, und eine Zeitlang die Gewalt hat auch über die Jünger des Herrn. Dann aber wird Christus selber. erscheinen und ihn vernichten und sein eignes Gottesreich sichtbarlich auf Erden aufrichten, und die Sei- nigen werden mit ihm herrschen. Das alles wird durch viele andere Stellen der heiligen Schrift bestätigt, z. B. 2 Thess. 2, 3 ff., wo noch hinzugefügt wird, daß das Kommen des Antichrists mit einem Abfall der Christenheit von ihrem Haupt verbunden sei. Etwas Aehnliches steht Joh. 2, 18 und 4, 3. So wie schon immer auch aus der Mitte der Gläubigen sich von Zeit zu Zeit eine entschiedene Feindschaft gegen den Herrn, ein widerchristlicher Sinn sich gebildet hat, so wird gegen das Ende der Tage dieser Abfall allgemein und der Widerchrist persönlich und leibhaftig vorhanden sein. Ausführ- licher ist von der Erscheinung und Thätigkeit des Antichrists die Rede Offb. 13—19. Da wird zuerst beschrieben, wie das Thier, die Welt- macht, speciell die römische Weltmacht, zwar zum Tode getroffen, aber zur Verwunderung aller Welt doch wieder aufgelebt sei. (Das rö- mische Reich war 476 zerstört und scheinbar vernichtet, aber 800 lebte es wieder auf.) Alles beugte sich vor seiner Macht, alle Geschlechter und Sprachen und Heiden. Dann aber tritt ein anderes Thier neben

4. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. VI

1859 - Lübeck : Rohden
Vi Vorwort. des Verfassers, eben so wenig die Beibringung der gewöhn- lichen antiquarischen und geographischen Notizen. Dem Schüler wird sie der Lehrer mündlich mittheilen, und der Gebildete kennt sie bereits aus anderen Quellen. Hier sollte nur über- sichtlich der Gang der Begebenheiten, wie er auf Ein großes Ziel hindrängt, in Erinnerung gebracht und nur die großen Wendepunkte des Völkerlebens in eingehenderer Schilderung vorgesührt werden. Von den vielen einzelnen Kriegszügen der Alten und von den unzähligen kleinen politischen und militärischen Verwickelungen der Neuzeit, die sich ohnehin dem Gedächtniß immer wieder entziehen, ist wenig ausgenommen; aber desto mehr aus der Kirchen- und Sittengeschichte, wie auch aus der Literaturgeschichte. Jeder Paragraph sollte ein möglichst in sich zusammenhängendes und abgeschlossenes Einzelbild aus der Geschichte geben, und zwar in der neuern Zeit meist ein Doppelbild, indem den zuerst in's Auge fallenden politischen Ereignissen die weitere Schilderung des gesammten Zeitcharakters nachfolgt. In der alten und Mittlern Geschichte konnten die Paragraphen kürzer sein. Sie bestehen immer aus zwei Thei- len, so daß der erste oder Haupttheil das Wichtigste und Bedeut- samste aus deni vorgeführten Zeitabschnitt in einem großen Rah- men zusammenfaßt, und der zweite Theil noch besondere Einzel- heiten nachbringt, die zur Beleuchtung, Beschränkung oder Erwei- terung des Vorhergehenden dienen sollen. Beim Schulgebrauch wird diese Form die Einrichtung eines doppelten Cursus er- leichtern. Daß auf gewissenhaftes Nachlesen der angezoge- nen Bibelstellen, noch vielmehr auf eine schon vorhandene gründ- liche Kenntniß der biblischen Geschichten und des Gotteswortes überhaupt gerechnet wird, bedarf kaum einer besondern Erwäh- nung. Die angchängte Regententafel wird zur leichtern Orien- tirung beim Gebrauch des Buches erwünscht sein.

5. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 69

1859 - Lübeck : Rohden
* Vii. §. L. Entstehung und früheste Erscheinung des asiatischen Weltreichs. 60 reiches allezeit hinderte, hatte in den weiten Gebieten zwischen dem kaspischen Meer und dem persischen Busen sich von Alters her eine Herrschermacht festgesetzt, welche eine große Anzahl verschiedener Völker, Könige und Geschlechter unter ihrem Scepter vereinigte und über ein buntscheckiges, aus vielen Sprachen und Nationen zusam- mengestücktes Reich ihre Befehle und Einwirkungen ausgehen ließ. Ein solches Reich nennen wir mit jetzt allgemein angenommenem Namen ein Weltreich. Das älteste Weltreich hatte seinen Mittelpunkt und Schwerpunkt in den genannten Gegenden am Eufrat und Tigris, und die Städte Ninive, Babylon, Susa waren nach einander die Sitze der jedesma- ligen Herrscher. Denn die Gestalt, die Ausdehnung, das Herrscher- volk und die Herrscherfamilie dieses Weltreichs wechselten oft, wie- wohl Kern und Wesen im Ganzen dasselbe blieb. In späteren Jahr- hunderten rückte dies Weltreich viel weiter nach Westen vor und veränderte dadurch seinen Charakter, mischte sich mit dem occidenta- lischen Wesen unter griechisch-macedonischer Herrschaft und verpflanzte sich endlich ganz nach dem Occident hinein im römischen Reich. Von diesen Wandlungen der heidnischen Weltmacht erhalten wir im Daniel 2 und 7 eine wunderbar großartige Darstellung. Aber das assyrische Reich, als zur Zeit des Daniel schon vergangen, wird in jenen Ca- piteln nicht mehr erwähnt. Es brauchte auch nicht erwähnt zu wer- den, weil es ja in seinem ganzen innern Wesen noch mit dem ba- bylonischen eins, und das babylonische nur eine Fortsetzung des assy- rischen Weltreichs ist. Da aber, wo die Zahl aller auf einander folgenden Weltmächte genau angegeben werden soll, wie Apok. 13 und 17, werden, statt der vier Weltmonarchieen bei Daniel, sieben gezählt: eine Zahl, die nur dann herauskommt, wenn auch das assy- rische als eine besondere Form des asiatischen Weltreichs anerkannt wird. Die früheste Entwicklungsgeschichte dieses uralten Weltreichs ist eben so dunkel und unklar, wie die Urgeschichte des Gottesreichs (Israel) klar und offenbar ist. Denn was aus dem sündlichen Boden des gottentfremdeten Völkergewirres aufsteigt (die Schrift nennt es Völ- kermeer), vermag nur das von Gott geschärfte und erleuchtete Auge eines heiligen Sehers sofort in seiner Eigenthümlichkeit und Bedeutung zu erkennen und in seiner Schilderung auf entsprechende Weise wieder- zugeben. Wie kein unerleuchtetes Auge den leisen Anfang des Reiches Gottes in der Ausführung Abraham's nach Canaan würde erkannt oder auch nur geahnt haben, eben so wenig vermochte es die Anfangs- punkte und Entwicklungsepochen des großen Weltreichs zu unterschei-

6. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 172

1859 - Lübeck : Rohden
172 Xiii. §. 3. Entstehungsgeschichte Rom's. Heiligthümer und Priester hatte. Jede Tribus war in zehn Curien, das ganze Volk also in dreißig Curien getheilt, die dann wieder in verschiedene Unterabtheilungen bis hinab zu der einzelnen Gens zer- siel. Gens aber hieß der Familienverband, die Geschlechtsverwandt- schaft, die durch den Allen gemeinsamen Namen erkennbar war, und jede Gens hatte wieder ihre besonderen Familienopser, Familiengötter, Fa- miliengebräuche, namentlich auch ihre besonderen Clienten. Das waren, wie schon erwähnt wurde, abhängige Leute, welche durch religiöse Verpflichtungen dem Haupte der Familie zu bestimmten Dienstleistun- gen verbunden waren, und dafür den Schutz und die Vertretung, Berathung und Aushülfe des Familienhauptes als ihres Patrons ge- nossen. So sorgfältig wurde jeder einzelnen Genossenschaft innerhalb der römischen Gemeinde ihr Bezirk abgegrenzt, auf welchem sie sich als auf ihrem eignen Gebiet frei und unbehindert bewegen konnte. Dagegen war auch ebenso sorgsam vorgesehen, daß keine dieser bis auf einen gewissen Grad selbständigen Gemeinschaften die übrigen, oder auch nur die nächst benachbarten hindern oder gar verletzen, sondern alle in freier und kräftiger Weise zur gegenseitigen Förderung und zum Wohl des Ganzen Zusammenwirken möchten. Die Entstehungsgeschichte Rom's ist ebenso wie die jeder andern Stadt oder Nation in Sagen gehüllt. Das Jahr 753 wird als das Jahr der Erbauung Rom's angenommen, also die Zeit, wo die Assyrer anfingen, das Reich Israel zu bedrängen. Romulus, später als Gott verehrt und Quirinus genannt, wird als Gründer und Erbauer der Stadt gepriesen, aber zugleich als Mörder seines Bruders Remus mit dem Kainszeichen gebrandmarkt, ein Zeichen, welches das ganze rö- mische Volk, das sich selbst ein Räubervolk zu nennen liebt, nie wieder von seiner Stirn hat wischen wollen oder können. Als eine Räuber- schaar erscheint die erste latinische Colonie, welche sich mit Romulus, der aus Alba Longa stammte, an den Ufern der Tiber auf dem pala- tinischen Hügel anstedelte. Durch Raub wurden die Weiber und Töchter der Sabiner gewonnen, und der Sabinerkönig aus Cures be- wogen, sich mit seiner sabinischen Gemeinde auf dem capitolinischen und quirinalischen Hügel niederzulassen. Nach der Ermordung dieses Kö- nigs Titus Tatius ward Romulus von den Latinern und Sabinern und den inzwischen noch hinzugetretenen Etruskereolonieen auf dem cö- lischen Hügel als gemeinschaftlicher König anerkannt. Eine Anzahl von 100 Familienhäuptern aus jeder Tribus stand als Senat ihm zur Seite und hinderte ihn an jedem Mißbrauch seiner Königsgewalt zu despotischer Willkür. Als aber Romulus gleichwohl seinen Eigen- willen geltend machen wollte, da wußte der Senat ihn schnell zu besei- tigen und ließ ihn unter einem ehrenvollen Vorgeben plötzlich ver- schwinden. So war der Anfang Rom's nach der eignen Sagenge- schichte der Römer durch Gewaltsamkeit der schlimmsten Art befleckt.

7. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 231

1859 - Lübeck : Rohden
Xv. §. 3. Rom und Jerusalem zur Zeit Christi. 231 §. 3. Rom und Jerusalem zur Zeit Christi. Kein stärkerer Gegensatz läßt sich an irgend einem Punkte der Weltgeschichte denken, als in den Jahren 30 und folgende nach Christo in Rom und Jerusalem. Dort der finstere Wütherich Tibe- rius, seit dem Jahre 14 des Augustus Nachfolger, der despo- tische Beherrscher des gesammten Weltreichs, hier die Freundlichkeit und Leutseligkeit des gnadenreichen Gottes in der theuren Gestalt des Gottmenschen und Heilands Jesu Christi. Da sind Hölle und Him- mel neben einander gestellt. Während Tiberius jeder höhern Re- gung unzugänglich erscheint und nur die Kräfte der Finsterniß in sei- nem lauernd boshaften Gemüthe sich wirksam zeigen, hat sich über dem Friede und Freude bringenden Haupt des ewigen Königs der ganze Himmel aufgethan und der Glaube steht die Engel hinauf- und herab- steigen auf den Menschensohn. Den Tiberius sehen wir nie an- ders als in abgeschlossener Heimlichkeit brüten und seine Todespfeile in finsterer Einsamkeit schmieden, er tritt nur hervor, um mit berechne- ten Worten und Geberden sie auf das Opfer zu schleudern; der Herr und Heiland dagegen hat nicht, wo er sein Haupt hinlegte, ist un- ablässig im lebhaftesten Verkehr mit den Seinen, in dem unruhigen Gedränge des Volks, kann selbst durch sein Weichen auf das Schiff, in die Wüste, über die Heidengrenze sich nicht vor dem unaufhörli- chen Andrängen retten, wird stündlich überströmt mit Fragen und Bit- ten, hat nie Zeit, sich zu besinnen, sich vorzubereiten, und immer doch dieselbe Klarheit, Ruhe und Freundlichkeit („lasset uns zur Freund- lichkeit gehen", sagten die Leute), jedes Wort aus seinem Munde Wahrheit, Gerechtigkeit und göttliche Weisheit. Tiberius, dem Herrn des Weltreichs, dem alle irdischen Schätze und Kräfte zu Ge- bote standen, läßt sich nicht eine gute Handlung, nicht ein einziges Werk der Liebe und des Erbarmens Nachweisen; der Menschensohn, der unter die Aermsten des jüdischen Landes sich stellte, für dessen irdische Bedürfnisse wohlthätige Freunde Sorge tragen mußten, konnte fast keinen Schritt thun, der nicht von Wohlthaten, Gnadenerweisun- gen, Heilungen, Tröstungen und Segnungen begleitet war. Tibe- rius in seiner tückischen Menschenverachtung entschädigte sich in sei- ner festumschanzten Einsamkeit durch die allergemeinsten und unzüch- tigsten Schwelgereien und unflätigsten Sinnengenüsse, und während ringsumher durch alle Provinzen seines weiten Reiches sein Name nur mit Angst und Grauen genannt, seine blutigen Edicte nur mit Schreckerl und Entsetzen empfangen wurden, vergnügte er sich mit seinen Sängerinnen und Tänzerinnen und suchte durch thierische Gemeinheiten die

8. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 250

1859 - Lübeck : Rohden
250 Xvi. §. 2. Verfolgungen der Christen im zweiten Jahrhundert. Christen gemeint hatte, aber es kannte nicht ausbleiben, daß es von feindlich gesinnten Bevölkerungen und Statthaltern gegen sie gewen- det wurde. Und zum Beweise, daß keineswegs persönliche Feindschaft und lasterhafte Gesinnung dazu gehöre, um die Herrscher des Welt- reichs zur Ausrottung des Christenthums zu bestimmen, mußte es gerade unter dem edlen Trajanus einer der edelsten und zartfüh- lendsten Statthalter sein, Plinius in Klein-Asien, der die Christen niit ganz besonderer Strenge verfolgte. Er hatte genaue Untersu- chungen angestellt, hatte selbst den günstigsten Bericht über das Leben und Treiben der Christen abgefaßt, und dennoch — weil sie die von den Staatsgesetzen gebotenen heidnischen Ceremonien nicht mitinachten, dem Bilde des Kaisers und der Götter nicht Weihrauch streuen und Opfer bringen wollten, ließ er sie mit dem Tode bestrafen. Dem aufgeregten Volke aber genügte die strenge Gerechtigkeit und wohl- wollende Schonung der Richter keineswegs. Aus allen Seiten ver- suchte es, durch ein tumultuarisches Verfahren sich der Christen zu entledigen. Es scheint, daß gerade diese Gewaltsamkeiten und schreien- den Ungerechtigkeiten, die vom Volk begangen wurden, die beiden folgenden Kaiser Hadrianus (117 — 138) und Antoninus Pius (138 — 161) zur Einstellung aller gerichtlichen Verfolgungen gegen die Christen bewogen haben, weil es ihr Gemüth verletzte, der aufge- regten Volkswuth neue Nahrung zu bielen. Aber der letzte unter den edleren Kaisern, Marcus Aurelius (161 — 180), veranlaßt wieder eine sehr blutige Verfolgung, deren eben so erschütternde als erhebende Einzelheiten in den Märtyrergeschichten der Christengemein- den zu Lyon und Vienne und in Smyrna (wo der 90jährige Poly- carpus in den Flammen starb) uns vollständig aufbewahrt geblie- bensind. Diese beiden Verfolgungen unter Trajanus und Marcus Aurelius sind übrigens während des zweiten Jahrhunderts noch die einzigen geblieben, die von Staatswegen unternommen wurden. Unter den weiter folgenden elenden Kaisern Commodu s (180 bis 192), Pertinar, Julianus u. s. w. bis nahe an den Schluß des Jahrhunderts trat wieder Ruhe ein — ein neuer Beweis, daß, je träger und gleichgültiger die Kaiser waren, desto weniger die Christen zu befürchten hatten. Je ernster sie es aber mit ihrer Pflicht nah- men und je klarer ihnen die Zukunft vor Augen stand, desto eifriger suchten sie den unvereinbar fremden Stoff des Christenthums aus dem heidnischen Staatskörper herauszudrängen. Durch viese Verfolgungen konnte natürlich die Ausbreitung des Christenthums in keiner Weise gehemmt werden. Selbst da, wo

9. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 365

1859 - Lübeck : Rohden
Xx. §. 3. Untergang der Karolinger. 365 stieß und Arnulf, Karlmann's Sohn, darauf erhob. Dieser Arnulf (887—899) war der letzte karolingische Kaiser, und mit Arnulf's Sohne, Ludwig dem Kinde (899—911), starb das karolingische Geschlecht in Deutschland aus. Durch die Theilungen des kaiserlichen Ländergebiets unter den Nach- kommen Ludwig's des Frommen wurden die beiden Länder Frankreich und Deutschland zum ersten Male bestimmt und klar von einander ge- schieden. Man nimmt gewöhnlich den Thetlungsvertrag zu Verdun 843 als den Zeitpunkt, von wo an unser deutsches Vaterland sich als ein besonderes und selbständiges Reich aus der großen Ländermaffe Karl's des Großen und Ludwig's ves Frommen aussonderte. Damals aber wurde der Rhein als westliche Grenze Deutschlands bestimmt. Hinter dem Rhein fing jedoch keineswegs Frankreich an, sondern erst hinter den Flüssen Rhone, Saone, Maas und Marne. Was zwischen inne lag, sollte Eigenthum des Kaisers Lothar und seiner Söhne sein. Als nun das ganze Geschlecht des Kaisers Lothar schon 875 ausstarb, wurden diese Zwischenländer Burgund und Lothringen zwischen Deutsch- land und Frankreich getheilt, und an Deutschland fielen diejenigen Stücke, welche von des Vonifacius Zeiten her und durch spätere Bestimmun- gen der Päpste unter dem Primat des Erzbischofs von Mainz standen. Unter dem Primat von Mainz standen aber jenseits des Rheins die Erz- bischöfe von Köln und Trier mit den Bisthümern Utrecht und Lüttich (später auch Metz, Tul und Verdun), sowie die Bisthümer Worms, Speier und Straßburg; selbst Basel mit einem großen Theile der west- lichen Schweiz. Hier können wir also den Umfang des deutschen Kö- nigthums, wie Ludwig der Deutsche es noch in seinem letzten Lebens- jahre vollständig in Besitz genommen hatte, klar übersehen. Es reichte von der Nordsee bis an die Alpen. Die nördliche Hälfte war nur schmal und stark nach Westen geneigt; sie erstreckte sich von der Maas nicht viel über die Elbe. Denn die slavischen Völker, welche ostwärts der Elbe wohnten, entzogen sich noch immer der germanischen Herr- schaft und blieben in wildem Heidenthum unter einer Menge kleiner Fürsten zertheilt. Die südliche Hälfte des deutschen Landes war da- gegen viel breiter, sie dehnte sich von der Saone bis an die Dran, bis an die ungarische Donau, bis an die Theiß. Aber die südöstlichen Länder konnten die deutschen Könige nicht behaupten. Es wurde ihnen schon schwer, den mächtigen Herrscher des großen mährischen Reichs in Unterthänigkeit zu halten. Als dann später gar die Magyaren Ungarn in Besitz nahmen, das mährische Reich zertrümmerten und in verhee- rendem Strome auch die deutschen Donauländer überflutheten, war es kaum möglich, die karnische und steyerische Mark, ja auch nur die bayeri- schen Grenzen gegen ihren ungestümen Andrang zu sichern. §. 3. Untergang der Karolinger. Gott der Herr sucht die Frevel der Väter heim bis in's dritte und vierte Glied. Ob auch die Väter die Zukunft ihrer Kinder durch

10. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 117

1859 - Lübeck : Rohden
X. §. 2. Ursprüngliche Zustände in Griechenland. 117 mochten ihre Kenntnisse und Geschicklichkeiten nur als ein Gemeingut auszubilden, festzuhalten und zu vererben. Bei den Mischvölkern Asiens sahen wir, wie allmälig alle Bildung, Macht und Herrlich- keit in die Person des Fürsten zusammengedrängt wurde, nur seinen Befehlen und Launen diente, und die Mafien nur um des Herrschers willen ihre Kräfte zusammenzunehmen schienen. In Griechenland War solches Verschmelzen zu größeren Massen gar nicht möglich. Die Natur des Landes, welches in eine Menge einzelner kleiner, in sich abgeschlossener Bezirke zerfällt, sondert auch die Bewohner in eben so viel kleine Staaten und Gemeinwesen aus einander und giebt den Bewohnern die verschiedensten Beschäftigungen und Richtungen ihrer Thätigkeit an die Hand. Das griechische Volk selbst bestand von Anfang an aus einer Anzahl verschiedener Stämme, deren Eigen- thümlichkeiten vielfach von einander abwichen, die zwar durch die gemeinsame Sprache und Grundrichtung ihres Gemüthes sich als zu- sammengehörig erkannten, aber in ihren scharf von einander geson- derten Dialekten auch schon den Beweis lieferten, daß jeder Stamm seine eigenthümliche Bestimmtheit sich bewahren und in abgesonder- ter Entwicklung sich in seinen eignen Bahnen versuchen wollte. Daß das Griechenvolk zu der großen Masse der j aph e t it ischen Geschlechter gehörte, ist unbestreitbar; ebenso, daß es von der großen Hauptfamilie der arischen Volker sich abgezweigt hat, die ursprüng- lich ihren Sitz auf den Hochflächen des westlichen Asiens hatten. Aber wann und wie es in die griechischen Länder eingewandert ist, wissen wir nicht. Im Anfang der Geschichte begegnen uns in Griechenland • zwei Volksnamen, Pelasger und Hellenen. Ob diese Namen aus eine verschiedene Abkunft oder nur auf ein verschiedenes Zeitalter und verschiedene Culturstufe desselben Volkes hindeuten, ist noch zweifel- haft*). Der Name Pelasger erscheint überall bei den ältesten Ansiedlern. Sie werden uns geschildert als ein ruhiges ackerbautrei- bendes Volk mit einfachen Göttergestalteu, welche uns an die arische Lichtreligion in mannigfacher Weise erinnern, deren Natur und Namen aber erst von den späteren Hellenen fester bestimmt und ausgeprägt sind. Die späteren Hellenen nämlich zeigen sich als ein schon bedeutend vorgeschrittenes, bewegliches und strebsames Geschlecht und überflügeln allenthalben die ruhigeren, schwerfälligeren Stämme der alten Bewohner, drängen sie aus den anlockenden und bevorzugten *) Vielleicht gab es eine Zeit, wo die Väter aller „javanischen" Stämme, von denen später nicht bloß Griechenland, sondern auch Italien besetzt wurde, sich in einem Theile Vorder-Asiens, etwa in Phrygien beisammen fanden, und von dort aus in getrennten Zügen nach Westen vorrückten, ein Thcil durch das nördliche Griechenland hindurch nach dem nördlichen Italien, ein anderer noch roherer Theil nach Griechenland, denen dann später andere schon cultivirtere Stämme eben dahin nachfolgten.
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